Start und Ziel: Pflanzenhof Schachtschneider. Entlang der 44km langen KulturAktiv-Tour – die auch am Pflanzenhof vorbeiführt.
44 Kilometer Natur und Kultur – das kann man in und um Dötlingen mit dem Rad erleben. Der neue Linden-Lehr-Fahrradweg verbindet traditionelle Pfade in der Landschaft mit ganz neuen und ungewöhnlichen Naturerlebnissen. So kann man entlang der ausgewiesenen Route Lindenbäume aus drei Kontinenten bestaunen, den Duft ihrer Blüten genießen oder die Insektenvielfalt beobachten, die sie zur Blütezeit anziehen. Wir vom Pflanzenhof wollten zwei Dinge miteinander verbinden: Linden gehören seit alter Zeit zu den charakteristischen Bäumen der Region. Als schattenspendende Allee entlang der Chausseen, als gewaltige Hoflinde, als sorgsam gezogener Spalier oder einfach als Haus- und Straßenbaum gehören sie zur norddeutschen Kulturlandschaft. Aber zu den heimischen Arten sind in den letzten Jahren immer mehr spannende Neueinführungen gekommen, vor allem aus Asien und Nordamerika. Unsere Leidenschaft, seltene Gehölze zu sammeln und auch anderen Gartenbegeisterten zugänglich zu machen, soll anstecken. Also haben wir in den letzten Jahren die Pflanzung von verschiedenen Linden in der ganzen Gemeinde initiiert, alle beschildert und so auch interessant für botanisch Interessierte. Aber wir wollen Linden in ihrer ganzen Vielfalt zeigen, weil der Klimawandel Bäume herausfordert: Immer wärmere Sommer, stark wechselnde Niederschläge und längere Vegetationszeiten bekommen nicht jeder heimischen Baumart. Wir sehen in der Praxis: Da ist der Blick über den Tellerrand gefragt. Der Linden-Lehr-Radweg ist daher auch ein Experiment. Hier wird sich zeigen, welche Exemplare gut mit den Bedingungen zurechtkommen und so in Zukunft auch Einzug in die Gärten halten könnten. Und die Liste der sehenswerten Arten entlang der Route ist lang: Über 50 sehenswerte Linden kann man sich erradeln, in Etappen oder auch mal am Stück. Linden mit kuchentellergroßen Blättern, mit rosaroten Austrieben, mit weithin sichtbaren Blütenständen oder solche mit ausgesprochen dekorativen Zähnen am Blattrand.
Auf dem Pflanzenhof, von dem aus alle Linden ihren Weg in die Landschaft der Route genommen haben, wartet eine ganz besonders selten kultivierte Linde: Tilia endochrysea (Rotspitzen-Linde) gedeiht in unserer Schauanlage, und sie ist nur in wenigen Sammlungen in Europa zu finden. Die Art stammt aus China, erst 1993 kamen Pflanzen nach Europa. Sie empfiehlt sich für geschützte Standorte und begeistert mit einem burgunderroten Austrieb im Frühjahr.
Verglichen mit unseren einheimischen Lindenarten ist sie ein Winzling: Am Wienbarger Hof steht die "Zwerglinde" Tilia kiusiana. Der eher strauchige Wuchs und kleine Blätter lassen sie auf den ersten Blick kaum als Linde erkennen. Die Art aus Südjapan blüht im Hochsommer und duftet herrlich, zudem ist sie sehr widerstandsfähig gegen typische Lindenschädlinge.
Von hier aus hat man einen weiten Blick in die Wildeshauser Geest.
Rund um den Platz an der Feldwegkreuzung stehen vier Exemplare der Mongolische Linde (Tilia mongolica). Sie sind unglaublich robust, ertragen Hitze und Trockenheit gleichermaßen. pflanzen. Diese gelten als Zukunftslinden, sie vertragen Hitze und Trockenheit.
Neben der Wildform kann man die Sorten `Harvest Gold`, `Buda` und die Kreuzung mit der Krim-Linde (Tilia x euchlora) betrachten. Die Wildform ist in der Natur sehr variabel, alle europäischen Pflanzen stammen aber von einem im berühmten englischen Botanischen Garten in Kew gezogenen Exemplar ab und gleichen sich daher.
An diesem Standort können Sie die am stärksten duftenden Linden erleben: Tilia japonica, aus Japan 1919 vom Pflanzensammler Ernest Wilson gesammelt. In Erinnerung an dessen oftmals waghalsige Pflanzenabenteuerreisen trägt eine Auslese seinen Namen.
Eine zweite, nicht minder berühmte Duftsorte ist `Harold Hillier`, benannt nach dem Gehölzexperten Sir Harold Hillier, dessen Arboretum in der englischen Grafschaft Hampshire ein Mekka für Freunde seltener Sträucher und Bäume ist.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wächst die im Frühling als letzte austreibende Tilia chingiana. Sie ist der einheimischen Tilia cordata mit ihren herzförmigen Blättern recht ähnlich. Eingeführt wurde sie 1938 von Lord Rosse in England. Sie ist nicht spätfrostgefährdet, aber leider selten in Kultur.
Das gilt auch für die sogar in der japanischen Heimat rare Tempel-Linde (Tilia miqueliana). Sie hat kompakte Dimensionen und blüht erst spät im Hochsommer.
Hier wartet die Großblatt-Linde (Tilia maximowicziana) aus Japan. Ihren Artnamen trägt sie zu Ehren ihres Entdeckers Karl Johann Maximowicz (1827-1891). Er war zuletzt Direktor des Botanischen Gartens in Sankt Petersburg und hat Forschungsreisen unter anderem nach Korea und Japan unternommen. Diese Linde begeistert durch sehr große Blätter, die fast tropisch anmutende Üppigkeit vermitteln. Sie wird gelegentlich auch als Japanische Silber-Linde bezeichnet.
An dieser Station wird es goldig: Neben der europäischen Silber-Linde (Tilia tomentosa), die mit der schlank pyramidal wachsenden Sorte `Grey Pillar`vertreten ist, stehen hier zwei gelblaubige Linden. Tilia `Jubilee`ist vermutlich eine Kreuzung. Sie ist bereits im Jahr 1898 in Breslau entstanden und fällt durch den leuchtend gelben Austrieb schon im Frühjahr auf. Das gelbe Laub sorgt in Gärten und Parks für sehr schöne Kontraste. Im Winter leuchten die jungen Zweige mit orangefarbener Rinde.
Neu über die USA zu uns gekommen ist die bei Akira Shibamichi in Japan 2002 entstandene Sorte `Shibamichi Gold`der Art Tilia cordata. Das Laub der eher mäßig wachsenden Sorte ist von einem satten Goldgeb, das im Sommer in ein helles Grün wechselt.
Mitten in der Landschaft geben sich hier einige exquisite Lindenarten ein Stelldichein. Am Bahnübergang warten folgende Arten auf interessierte Betrachter, die in der Gegenüberstellung die ganze Vielfalt der Gattung entdecken können:
Die Rippenarme Linde (Tilia paucicostata) trägt ihren Namen von der für kleinblättrige Lindenarten nicht ungewöhnlichen Anzahl von 5 bis 6 großen Blattrippen. Sie ist eher unscheinbar und wurde 1892 von Maximowicz erstmals beschrieben. Auch in der chinesischen Heimat wird sie kaum höher als 10 Meter.
Die Insel-Linde (Tilia insularis) ist ein botanischer Irrtum: Es stellte sich heraus, dass die aus dem Arnold Arboretum in Massachusetts verbreiteten Pflanzen zur Art Tilia japonica gehören. Auch sie duften sehr intensiv und blühen im Hochsommer.
Neben Tilia miqueliana (siehe Kreuzung Straße Im großen Ort Straße/Viet: Asiens Schätze) findet sich Olivers Linde (Tilia oliveri), ein starkwüchsiger Baum aus China, der hübsche leuchtend weiße Blattunterseiten hat, die im Wind gut zu sehen sind. Wir verdanken seine Ankunft in Europa ebenfalls dem Pflanzensammler und Abenteurer Ernest Wilson, der sie 1900 aus China mitbrachte.
Tilia tuan var. tuan hat sehr elegante, verkehrt eiförmige Blätter mit einer weit ausgezogenen Spitze. In China ist sie die am weitesten verbreitete Linde.
Hier kann man die Extreme der unterschiedlichen Laubformen bestaunen: Während die großblättrigen Auslesen der Amerikanischen Linde (Tilia americana) - `Prestige` und `Nova` dunkelgrüne Blätter von den Dimensionen eines Frühstückstellers hervorbringen können, entzücken die Weinblättrige Linde (Tilia platyphyllos `Vitifolia`) mit weinlaubähnlichen Blättern und die eher filigrane Geschlitztblättrige Linde (Tilia platyphyllos `Laciniata`). Beide Sorten sind schon sehr lange in Kultur.
Hier stand einmal die Welsburg, die direkt am Friesenweg gebaut wurde um Wegezoll einzufordern. Um 1359 von der Delmenhorster Linie der Grafen von Oldenburg erbaut, haben die Wildeshauser Bürger sie gut 100 Jahre später endgültig zerstört. Sie war wegen der Nähe zum Handelsweg, der von Friesland nach Wildeshausen führte, immer wieder zum Streitobjekt geworden.
Hier steht Tilia dasystyla, die in den Küstenwäldern am Schwarzen Meer fast 40 Meter hoch werden kann. Ob sie die markante Gestalt einer mittelalterlichen Burg als weithin sichtbare Landmarke später einmal ersetzen kann?
Hier ist Zeit zum Rasten. Und ein Ort, um die Linde als Spalierbaum zu erleben. Linden wurden früher in Hausnähe gerne gesetzt, um das Haus im Sommer angenehm kühl zu halten. Damit das Haus nicht im Wald verschwand, zog man die Bäume als Spalier. Die Erziehung ist aufwendig und bedarf einer regelmäßigen Pflege auch nach Jahrzehnten.
Im Café gibt es neben den typischen Spezialitäten auch immer glutenfreie Kuchen und Torten. Es ist etwas abseits gelegen, man biegt bei Aluminium Schütte (Richtung Bergedorf) nach 100 Metern rechts Richtung Stauden Oase ab.
Die Linden hier stehen in der Tradition der Linde als Friedensbaum. Linden gelten seit dem Mittelalter als Symbol für Gerechtigkeit, Frieden und Liebe.
Schon Martin Luther soll geschrieben haben: „Wenn wir Reiter sehen unter der Linden halten, wäre das ein Zeichen des Friedens. Denn unter der Linde pflegen wir zu trinken, tanzen, fröhlich sein, denn die Linde ist unser Friede- und Freudebaum.“.
Mächtige Lindenbäume beschirmen diesen Ort der Kreativität und Ruhe. Traditionell wurden Linden wegen ihres raschen Wachstums gerne in der Nähe von Hofbauten gepflanzt, um dort als höchster Punkt bei Unwettern die Blitze abzuleiten. Denn hohe Strukturen wie Bäume sind gerne Ziele für Blitze, da sie den kürzesten Weg zur Erde bieten.
Der idyllische Hof in Geveshausen ist die Heimat von einigen Künstlerinnen und Künstlern, deren Werke man im Rahmen der Dötlinger Gartenkultour betrachten kann. Sonntags ist die Galerie geöffnet.
Dass Linden und Höfe zusammengehören, kann man auch auf dem Hof des aus dem TV bekannten Bauern Uwe sehen. Im Hofcafé Lütje Deel lässt sich etwas entspannen und genießen.
In der Landwirtschaft waren Linden als Futterbäume für Honigbienen seit alter Zeit geschätzt. Auf dem Land, wo der nächste Arzt oft weit entfernt war, verwendete man Blüten und Blätter auch in der Heilkunde. Lindenblütentee tut noch heute gute Dienste zur Stärkung bei Erkältungen.
Der Hof Schweers blickt auf eine fast 1.000-jährige Geschichte zurück. Seine mächtige Linde ist zwar erst 200 Jahre alt, aber dennoch bei bester Gesundheit. Linden sind – wie diese alte Dame zeigt – sehr langlebig, was auch ein Grund dafür war, dass man sie nicht nur als Hofbäume, sondern auch als Tanzlinden genutzt hat. Bei dieser Tradition wurden Linden über dem unteren Astkranz mit einem Gerüst umbaut, um die Äste abzuleiten. So konnte man auf einem später errichteten Podest bei Dorffeierlichkeiten einen Tanzboden unter der Krone errichten. Heute sind nur noch wenige Tanzlinden erhalten.
Sonntags hat das Cafe im Sommer geöffnet.
Hier, mitten im alten Dorf Dötlingen, legen die Linden Zeugnis ab: Sie waren auch Bäume der Begegnung. Vor allem am Dorfkrug, der Gaststätte, beschirmten sie im Sommer die Gäste und haben dabei vielleicht so manches Geheimnis aus der Unterhaltung für sich bewahrt.
Im Ort warten verschiedene gastronomische Angebote auf Radwandernde.
Von der spätblühenden, aus Asien stammenden Henry’s Linde (Tilia henryana) wachsen hier 5 verschiedene Auslesen mit unterschiedlicher Blütezeit. Sie sind exzellente Nährpflanzen für Bienen und man kann mit ihnen über Wochen ganz Völker beglücken. Gärtnermeister Matthias Veit aus Ostwestfalen hat uns diese Lieblingspflanzen zur Verfügung gestellt. Die Art ist ein toller Hausbaum, da sie nach zwei Jahrzehnten kaum die Ausmaße eines alten Apfelbaumes erreicht.
Tilia henryana Typ Veit blüht recht früh ab Ende Juli/Anfang August bis Mitte/Ende August. Das Blatt ist leicht glänzend, mit deutlich ausgeprägten Blattgrannen, ausgebreitet, und im Blattaustrieb ganz wenig bräunlich.
Tilia henryana Arnold Select blüht Anfang August bis Mitte/Ende August. Das Blatt ist etwas kleiner und spitzer zulaufend, etwas eingeklappt und die Zähne an den Blättern sind weniger kräftig ausgebildet. Beim Austrieb sind die Blätter bräunlich, später stumpf grün.
Tilia henryana Typ Jaesch blüht ab Mitte August bis Anfang September. Die Blätter sind etwas spitzer. Der Austrieb ist bräunlich und geht dann in ein eher stumpfes Grün über. Die Zähne sind gut zu sehen aber nicht so wie bei Typ Veit oder Typ Oliver
Tilia henryana var. subglabra blüht im Anschluss Ende August und fast bis Ende September. Die Blätter sind spitz und etwas am Trieb anliegend positioniert angeklappt. Der Austrieb ist bräunlich, allerdings ist die Unterseite der Blätter behaart, dort bildet sich ein leichter Flaum.
Tilia henryana Typ Oliver blüht als letzte der Henryana-Typen. Von Ende August bis Ende September, teils mit wenigen Blüten noch bis in den Oktober hinein. Die Blätter sind auch im Alter sehr groß, die Zähne sind deutlich ausgeprägt und die Blätter glänzen stark. Das Blatt ist eher breit. Der Austrieb ist ganz wenig bräunlich eher grünlich. Die Blüten sind groß, vielzählig und duften stark.
Im Arboretum von Salaspils hat Lindensammler Matthias Veit eine Linde gefunden, die dort erst im September blüht. Bisher konnten wir noch nicht herausfinden um welche Art es sich handelt. Es bleibt also spannend. Sachdienliche Hinweise werden im Pflanzenhof gerne entgegengenommen!
Direkt an diesem typischen norddeutschen Bauernhaus ist ein echter Winzling zu sehen: Die Zwergform `Broom Ray Jackson` stammt aus den USA (Tennesee). Hier steht auch eine Oliver‘s Linde (Tilia oliveri), siehe Bahnhübergang Haidhäuser: botanische Kostbarkeiten
Sie wird trotz Klimawandel hoffentlich noch lange die Straße begleiten: Die erst gut ein halbes Jahrhundert alte Lindenallee an der Aschenstedter Straße. Wer sie im Ganzen betrachten möchte, sollte zurück zum Krummen Weg und rechts der Straße Im Sande folgen, dann rechts auf die Aschenstedter Straße abbiegen.
Linden aus aller Welt und ihre Geschichten
Wer durch Europa reist findet in den Dörfern oder Gärten zahlreiche besondere Linden. Einige davon hat Olaf Schachtschneider besucht und stellt diese auf der folgenen Seite näher vor - bitte hier klicken